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Naturspaziergang
19. Mai 2006

Der Zunderschwamm

Mit dem Aufkommen des Umwelt- und Naturschutzgedanken hat auch in der Forstwirtschaft ein Umdenken stattgefunden. In den 70er und 80er Jahren hatte man noch konsequent alles Totholz aus den Wäldern entfernt, um so potentiellen Forstschädlingen die Lebensgrundlage zu entziehen. Jedoch mußte man feststellen, daß Fraßschädlinge wie z. B. Borkenkäfer durch das fehlende Angebot von Totholz vermehrt auch gesunde Bäume befallen haben. Zudem bilden kranke und tote Bäume die Lebensgrundlage für eine Vielzahl von verschiedenen Lebewesen.
Pilze zersetzten das harte Holz der Bäume und ermöglichen es so vielen Tieren wie Insekten, Spinnentieren, Asseln und Tausendfüßlern das weiche, faserig gewordene Holz als Nahrungsgrundlage und Lebensraum zu erschließen. Diese legen ihre Eier im Holz und unter der Rinde ab. Von allen diesen Arten und den geschlüpften Larven wiederum ernähren sich Spechte, Kleiber, Spitzmäuse und andere Insektenfresser. Das weiche und faserige Holz kann von Spechten leicht bearbeitet werden, so das die Vögel Nisthöhlen anlegen können. Verlassene Spechthöhlen wiederum dienen anderen Vögeln und auch einigen Säugetieren wie Bilchen und Siebenschläfern als willkommene Nistgelegenheit. Auch Fledermäuse nutzen solche Höhlen gerne für den Tag und als Quartier für den langen Winterschlaf.
Man geht mittlerweile davon aus, daß ein gesunder Wald einen Totholzanteil von bis zu einem Drittel verkraften kann. Dadurch steigt die Artenvielfalt, was wiederum die Voraussetzung dafür schafft, daß Forstschädlinge durch natürliche Feinde an einer übermäßigen Ausbreitung gehindert werden.
Der Zunderschwamm (Fomes fomentarius) ist ein auffälliger Pilze, der mit an der Totholzzersetzung beteiligt ist. Dabei handelt es sich um einen sehr großen Ständerpilz, der vor allem an Buchen und Birken zu finden ist. Er lebt vor allem auf alten und kranken Bäume und wächst auch auf umgestürzten und toten Bäumen jahrelang weiter. Er lebt von der Zersetzung des Kernholzes und schwächt so die Standfestigkeit der Wirtspflanze. Der Fruchtkörper des Zunderschwamm sitzt sehr fest an den befallenen Bäumen. Die harte gewölbt Oberseite ist meist hellgrau, machmal auch braun oder grünlich gefärbt und weist eine ringförmige Struktur auf, die vom jährlichen Zuwachs herrührt. Die helle Unterseite des Pilzes ist flach und wird aus einer dicken Röhrenschicht gebildet.
Das Innern des Pilzes wird aus einem weichen Pilzgeflecht gebildet, das schon im Neolithikum als Zunder verwendet wurde. Durch Kochen, Zerstampfen und anschließendes Einweichen in Urin oder Salpeterlösung bekommt man nach dem Trocknen einen braunen Filz, den man durch Funkenflug sehr leicht zum Glimmen bekommt. Aus dem unbehandelten Zunder hat man im Mittelalter auch Filzkappen und Polsterungen für Rüstungen gefertigt. Zudem nutzte man das Pilzgeflecht als blutstillende Wundauflage. Daher wird der Pilz manchmal auch Wund- oder Blutschwamm genannt.

Jens

 

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